Keine Ansprache verhallt in diesen Tagen, ohne dass nicht auch ein Satz zum Thema Werte fallen würde. Wie wichtig sie sind, diese Werte. Wie entscheidend es für das Land ist, dass sich auch Banker und Manager wieder auf sie besinnen. Wie unverzichtbar es ist, dass der Anstand wieder Einzug in die deutschen Familien hält, und der ehrbare Kaufmann zurück an seinen Arbeitsplatz kehrt.
Hinter den Predigten und Appellen verbirgt sich eine aufgekratzte Ratlosigkeit: Woraus besteht denn wohl der Anstand für die Familien? Wie sieht er denn aus, der ehrbare Kaufmann des 21. Jahrhunderts? Das weiß man eben nicht so genau. Jedermann weiß, dass man das Finanzamt nicht betrügen soll. Tut man einfach nicht. Aber wenn es jeder heimlich tut, stimmt dann der Grundsatz noch? Gibt es nicht längst einen anderen Comment, wonach jeder das Finanzamt betrügen darf? Niemand würde zustimmen, dass Kinder viel am Computer sitzen und dort spielen sollen. Doch die meisten tun es, und die Eltern dulden es.
Die Auseinandersetzung mit Ethik und Anstand beinhaltet auch immer das Scheitern an den eigenen Maßstäben. Was aber, wenn der Maßstab nur noch die Fassade ist, die das fröhliche und ständige Danebenhauen camoufliert?
Dann ist die Zeit gekommen, sich über neue Maßstäbe zu unterhalten. Nicht mehr darüber, wie wir gern sein wollen. Sondern darüber, wie wir wirklich sind. Ob es uns passt oder nicht: Es ist so weit.
zuerst erschienen auf www.das-tut-man-nicht.de